Standardmäßig digital: ein Konzept für die Herausbildung einer digitalen Kultur in der ORKB der Republik Indonesien
von: Pingky Dezar Zulkarnain, ORKB der Republik Indonesien
Hintergrund
Die COVID-19-Pandemie brachte noch nie dagewesene Herausforderungen mit sich. Eine davon war die Auferlegung von Bewegungseinschränkungen, um die Ausbreitung des Virus einzuschränken (Abouk & Heydari, 2021). Diese Einschränkungen veränderten die Prüfungsverfahren der Obersten Rechnungskontrollbehörde der Republik Indonesien (BPK) erheblich. Infolge der Einschränkungen waren Organisationen und Einrichtungen gezwungen, sich anzupassen und innovative Wege zu finden, um ihren Betrieb effizient aufrechtzuerhalten.
Angesichts der Begrenzungen physischer Interaktionen war das BPK nicht die einzige Oberste Rechnungskontrollbehörde der Welt, die bei der Umgestaltung von Prüfungsverfahren Technologie als zentrales Tool einsetzte (Ngoma, 2021). Mit Begeisterung nutzten ORKB Telearbeitslösungen, Datenanalyse und Online-Kommunikationsplattformen, um Prüfungen durchzuführen und die notwendigen Daten zu erheben. Das Prüfungspersonal ist heutzutage in der Lage, elektronisch auf Finanzdaten und -unterlagen zuzugreifen, wodurch persönliche Besuche vor Ort nun weniger häufig notwendig sind. Der Übergang zu technologiegestützten Prüfungen steigert nicht nur die Effizienz des Prüfungsverfahrens, sondern minimiert auch potenzielle Gesundheitsrisiken, die mit physischen Einschauen vor Ort einhergehen.
Die Optimierung der Technologie, um physische Tätigkeiten im Prüfungsverfahren ersetzen zu können, ermöglicht nicht nur einen flexibleren und anpassungsfähigeren Ansatz, sondern kann auch die Prüfungsqualität steigern. Prüferinnen und Prüfer können sich nun mehr auf die Datenanalyse und die Interpretation von Finanzdaten konzentrieren, wodurch sich das Prüfungsverfahren aufschlussreicher und strategischer gestaltet. Dieser Übergang zu einem stärker technisch orientierten Prüfungsansatz birgt das Potenzial, die Prüfungsdurchführung in einer Welt nach der Pandemie nachhaltig zu beeinflussen.
In Anbetracht der schnellen Weiterentwicklung von Technologien und der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie gewinnt die Überzeugung, dass künftig immer mehr Prüfungsverfahren hauptsächlich auf digitalen Plattformen stattfinden werden, an Bedeutung. In dem Bestreben, das Potenzial der Technologie auszuschöpfen, hat das BPK entschieden, sich das Konzept „standardmäßig digital“ zu eigen zu machen.
Das Konzept „standardmäßig digital“ bedeutet, dass das BPK den Einsatz digitaler Lösungen bei allen Aspekten seiner Prüfungsverfahren vorzieht. Dazu zählen digitale Prüfungsanträge, die automatische Datenanalyse und ein vollständig online stattfindendes Berichterstattungs- und Kommunikationswesen. Mit der Annahme dieses Ansatzes verfolgt das BPK das Ziel, die Effizienz, Transparenz und Präzision seiner Prüfungen zu erhöhen. Darüber hinaus stellt dieser Ansatz einen bedeutenden Fortschritt bei der Bewältigung von Herausforderungen dar, die mit den unterschiedlichen Standorten der geprüften Stellen einhergehen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Indonesien ein aus zahlreichen Inseln bestehender Inselstaat ist.
Neben Fortschritten im Bereich der erwähnten Ziele birgt das Konzept „standardmäßig digital“ auch das Potenzial, die mit physischen Prüfungsverfahren verbundenen Kosten und Umweltbelastungen zu verringern. Somit ist das BPK auf dem Weg, effizientere sowie präzisere Prüfungsergebnisse zu erzielen und dabei gleichzeitig die Anforderungen eines sich weiterentwickelnden Digitalzeitalters zu erfüllen.
Um das Konzept „standardmäßig digital“ in die Tat umzusetzen, verfolgt das BPK einen Ansatz, der als Hauptziel die Förderung von Menschen, Prozessen und Technologien festlegt (Harris Kern & Randy Johnson, 1998; Noyes, 2004; Ross et al., 2006). Diese Strategie betont, wie wichtig es ist, diese drei Elemente im Streben nach einer stärker digital ausgerichteten und effizienteren Organisation in Einklang zu bringen.
Standardmäßig digital: die Menschen
Obwohl kein Konsens über die Definition des Konzepts „standardmäßig digital“ besteht, bezieht es sich in der Wahrnehmung des BPK auf die Auffassung, dass digitale Elemente eine Rolle für die Erleichterung der Durchführung von Geschäftsprozessen spielen. Dieser Ansatz setzt nicht voraus, dass bei Projektaufgaben grundsätzlich digitale Tools oder Techniken eingesetzt werden müssen. Stattdessen soll die fehlende Zweckmäßigkeit aufgezeigt werden, wenn digitale Komponenten in einer Organisation nicht zur Anwendung kommen.
Das BPK ist bestrebt, durch ein ganzheitliches Unterfangen, das als digitaler Wandel bezeichnet wird, standardmäßig digital zu werden. Im Rahmen des digitalen Wandels bildet die Herausbildung einer neuen Kultur im BPK den wichtigsten Aspekt. Der ausschlaggebendste Faktor der Herausbildung einer Kultur sind Menschen, insbesondere die Beeinflussung ihres Verhaltens. Dieser kulturelle Wandel stellt das Verhalten der Menschen in den Mittelpunkt und hebt hervor, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an digitale Praktiken anpassen und datengestützte Entscheidungsfindung annehmen müssen. Der kulturelle Wandel, die sogenannte digitale Kultur, fördert ein kollaboratives Umfeld, in dem sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv mit Technologie befassen und ihre Arbeitsabläufe an digitale Normen anpassen, um so ihre Effizienz und Wirksamkeit zu steigern (UNESCO & Europarat, 2008). Ziel dieses Wandels ist es, das BPK zu einer agilen und zukunftsorientierten Organisation zu machen, in der die digitale Kultur in den täglichen Handlungen und der Denkweise seiner Belegschaft verankert ist.
Standardmäßig digital: das Verfahren
Das BPK verfasste eine ganzheitliche Strategie zur Förderung des Konzepts „standardmäßig digital“. In dieser Strategie wird ein großer Schwerpunkt auf die Einrichtung digitalgestützter Geschäftsprozesse, verbesserte IT-Governance-Strukturen und den Ausbau von Big-Data-Analysen (1) gesetzt. Hinter diesen Initiativen steckt die Absicht, sich die Macht der Technologien und Daten zunutze zu machen, nicht nur um die Geschäftsprozesse des BPK zu optimieren, sondern auch um die Transparenz, Effizienz und Rechenschaftspflicht der Verfahren zu erhöhen.
Aufgrund der Fokussierung auf die Einführung digitaler End-to-End-Geschäftsprozesse muss das BPK eine digitale Unternehmensarchitektur aufbauen. Diese Initiative ist essenziell, um die IT-Systeme und Datenstrukturen der Organisation in Einklang mit ihren strategischen Zielsetzungen sowie Geschäftsprozessen zu bringen und dabei die Umsetzung des Konzepts „standardmäßig digital“ zu ermöglichen. Dieser strategische Fokus sorgt für eine nahtlose Zusammenführung von Technologien und Geschäftstätigkeiten im Streben nach digitaler Exzellenz.
Zusätzlich zur digitalen Unternehmensarchitektur ist es entscheidend, die Organisationsführung durch starke IT-Governance zu festigen und so sicherzustellen, dass Strategien und Prozesse vorhanden sind, um die digitalen Plattformen zu verwalten, sie in Einklang mit den Geschäftsprozessen des BPK zu bringen und den Informationsfluss, der über die digitalen Plattformen läuft, zu sichern. Außerdem spielt dies eine essenzielle Rolle für die Schaffung eines vertrauensvollen Umfelds für das Prüfungsökosystem, welches das Prüfungspersonal, die geprüfte Stelle und die Stakeholder umfasst.
Letztendlich stellt der Ausbau von Big-Data-Analysen die modernste Komponente dieser Strategie dar. Sie ermöglicht es dem BPK, die im Digitalzeitalter erzeugten riesigen Datenmengen für aufschlussreiche Entscheidungsfindungsprozesse zu nutzen. Mit seinen Investitionen in diesen Bereichen verfolgt das BPK einen proaktiven Ansatz, um auf ein transparenteres, stärker datengestütztes und effizienteres Prüfungsökosystem hinzuwirken. Die Analyse von Big Data bildet die ausschlaggebende Komponente für die Herausbildung einer Datenkultur innerhalb der digitalen Kultur.
Diese drei Initiativen werden im Strategischen IT-Plan des BPK (RINTIK) 2020–2024 als die drei wichtigsten Säulen für die Ausgestaltung der digitalen Kultur, die das BPK zu einer datengestützten Organisation machen, umrissen.
Standardmäßig digital: die Technologie
Der digitale Wandel und das Konzept „standardmäßig digital“ sind vielschichtig und gehen über die reine Einführung von Anwendungen oder das Ausmaß, in dem Geschäftsprozesse auf digitalen Plattformen betrieben werden, hinaus. Anwendungen sind zwar entscheidende Bestandteile davon, jedoch sollte der Schwerpunkt auf einem ganzheitlichen Wandel hin zur Digitalisierung und einer grundlegenden Veränderung der Arbeitsweise der Organisation auf digitalen Plattformen liegen.
Die Verfügbarkeit von Anwendungen ist eine entscheidende Voraussetzung für den digitalen Wandel. Dabei sollten diese Anwendungen, egal ob sie bereits vorhanden waren oder neu entwickelt wurden, reibungslos miteinander verbunden werden können und integrativ bzw. kollaborativ ausgerichtet sein. Diese Integration sorgt dafür, dass der Daten- und Prozessfluss zusammenhängend verläuft, wodurch ein einheitliches und effizientes digitales Ökosystem ermöglicht wird. Diese Vernetzung versetzt Unternehmen in die Lage, datengestützte Entscheidungen zu treffen sowie ihren Kundinnen und Kunden bessere Leistungen anbieten zu können.
Bei dem digitalen Wandel oder dem Konzept „standardmäßig digital“ geht es nicht rein um die Ansammlung einer breiten Palette an Anwendungen oder die Überführung jedes einzelnen Prozesses auf eine digitale Plattform. Es geht darum, ein synergetisches Umfeld zu schaffen, in dem Geschäftsprozesse durch Technologie gestützt und optimiert werden, was zu gesteigerter Produktivität, Agilität und Innovation führt (Attrey et al., 2020; Leinwand & Mani, 2021). Durch die Förderung kollaborativer, vernetzter Anwendungen können Organisationen das volle Potenzial der digitalen Landschaft ausschöpfen, um sich an ein sich stetig weiterentwickelndes Geschäftsumfeld anpassen und darin erfolgreich sein zu können.
Bei der Herausbildung einer digitalen Kultur spielt Informationstechnologie eine ausschlaggebende Rolle, da sie Benutzerfreundlichkeit, Schnelligkeit und Präzision priorisiert. Dieser Schwerpunkt auf benutzerfreundliche, schnelle und präzise Technologielösungen dient der Verbesserung der Gesamtproduktivität sowie der Förderung einer digital ausgerichteten Denkweise innerhalb der Organisation. Doch auch bei allem Streben nach Effizienz und Innovation muss Sicherheit bei jedem Prozess eine vordergründige Überlegung bleiben.
Auch wenn das Streben nach Benutzerfreundlichkeit, Schnelligkeit und Präzision wesentlich für die Steigerung der betrieblichen Effizienz sowie die Bereitstellung einer reibungslosen digitalen Erfahrung ist, sollte dies niemals auf Kosten der Sicherheit gehen. Im Digitalzeitalter ist es äußerst wichtig, Daten, Systeme und Netzwerke vor Cyberbedrohungen zu schützen. Für die Einführung von Technologien ist daher ein ganzheitlicher Ansatz, der Benutzerfreundlichkeit mit soliden Sicherheitsmaßnahmen verbindet, unumgänglich, um den Erfolg einer Initiative zum digitalen Wandel zu sichern. Ein Gleichgewicht zwischen diesen Aspekten sorgt für eine widerstandsfähige digitale Kultur, in der Technologie das digitale Kapital und den Ruf einer Organisation nicht nur stärkt, sondern auch schützt.
Derzeit entwickelt das BPK zahlreiche Anwendungen zur effizienteren Gestaltung von Geschäftsprozessen, zum Beispiel in den Bereichen Personalwesen, Prüfungsmanagement, Performancemanagement und Schulungswesen. Gemäß dem Konzept „standardmäßig digital“ sollten diese Systeme miteinander verbunden sein. Eine Institution wie das BPK muss diese Systeme in ein geeignetes Rahmenwerk eingliedern, zum Beispiel das Rahmenwerk zur Leistungsbewertung von ORKB (SAI PMF).
Bei der Umsetzung des Konzepts „standardmäßig digital“ soll Technologie den Arbeitsalltag der Belegschaft prägen. Sie bringt die reibungslose Einbindung digitaler Plattformen in Routinetätigkeiten der Belegschaft, die standardmäßige Verwendung von Videokonferenzen für Sitzungen, die selbstverständliche Abwicklung des Überprüfungsprozesses in einer Anwendung, die Erledigung der Prüfungskorrespondenz auf der digitalen Plattform und mit einem einfachen Klick über die vorgesehene Plattform eingereichte Schulungsanträge mit sich. Dieser Paradigmenwechsel sorgt nicht nur für eine Verschlankung und Beschleunigung der betrieblichen Abläufe, sondern auch für die Verankerung einer digitalen Denkweise in der Organisation. Er veranschaulicht, wie Technologie ein integraler Bestandteil der Organisationskultur wird und digitale Tools sowie Plattformen zur Standardwahl für eine breite Palette an Tätigkeiten werden. Letztlich geht es darum, Effizienz und Produktivität zu steigern und gleichzeitig die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters auszuschöpfen (Hartl, 2019).
Fazit
Mit Blick auf die Zeit bis zum Jahreswechsel 2023/2024 geht es vor allem um die Fragen, wie das BPK durch Technologien Redundanzen erfolgreich beseitigen, standardisierte Geschäftsprozesse und Daten einrichten, Prozessverbesserungen vorantreiben und die Automatisierung in die Geschäftsprozesse einführen kann. Der digitale Wandel hat das Prüfungsverfahren der ORKB Indonesien revolutioniert, da er die mit der geografischen Verteilung der geprüften Stellen verbundenen Herausforderungen bewältigt hat, was letztlich zu einem wirksameren und effizienteren Prüfwesen in einem Inselstaat wie Indonesien führt. Das findet auf mehrere Arten statt: zum Beispiel durch verbesserte Zugänglichkeit, bessere Kommunikation und Zusammenarbeit in Echtzeit.
Um zum gleichen Ziel zu gelangen, könnten andere ORKB, die sich in einer ähnlichen Lage wie die ORKB Indonesien befinden, mit der Einführung einer Unternehmensarchitektur beginnen. Da sie den aus der Informations- und Kommunikationstechnologie gezogenen Vorteil optimiert, ist eine Unternehmensarchitektur essenziell, um die Geschäftsprozesse der staatlichen Finanzkontrolle auszubauen sowie zu verbessern. Diese strategische Ausrichtung unterstreicht das Engagement für die Optimierung der Effizienz und Wirksamkeit der ORKB-Tätigkeiten. Durch die Erreichung dieser Ziele verbessert die ORKB nicht nur ihre eigene betriebliche Exzellenz, sondern schafft auch einen Präzedenzfall für die Nutzung des digitalen Wandels als Mittel zur Verbesserung der Transparenz, der Genauigkeit und der Gesamtqualität des Prüfungsökosystems. Dieser zukunftsorientierte Ansatz wird zweifelsohne zu einer agileren, reaktionsschnelleren und stärker technologiegestützten Institution beitragen, die bereit ist, die Herausforderungen und Anforderungen des Digitalzeitalters zu bewältigen bzw. zu erfüllen.
(1) Gesamtkonzept für Informations- und Kommunikationstechnologie 2020–2024, Seite ii
Über den Autor:
Pingky Dezar Zulkarnain ist momentan als stellvertretender IT-Leiter der Abteilungen IT-Prüfungsunterstützung und Performancemanagement tätig. Er leitet zudem das BPK-Labor zu Big-Data-Analysen. Er erwarb einen Doktortitel in Informations- und Kommunikationstechnologiestrategien mit Fokus auf Korruptionsbekämpfung von der Waseda Universität in Japan.