Der Einsatz von Drohnen bei Prüfungen der Rechnungsführung von Obersten Rechnungskontrollbehörden: eine Fallstudie der Rechnungskontrollbehörde der Stadt São Paulo

Quelle: Adobe Stock Images, Alessandro Biascioli

Autor: Jorge de Carvalho

Einleitung

In dem sich ständig weiterentwickelnden Umfeld der Rechnungsführungsprüfungen ist die Einbindung von Technologien nicht nur vorteilhaft, sondern mittlerweile unverzichtbar. Dieser Beitrag befasst sich damit, wie der Einsatz von Drohnen im Rahmen von Prüfungen der Rechnungsführung, insbesondere durch die Rechnungskontrollbehörde der Stadt São Paulo (TCMSP), Rechenschaftspflicht stärken und die vollständige Erfassung öffentlicher Ressourcen verbessern kann. Der Schwerpunkt dabei liegt auf dem Konzept der Vollständigkeit, wie es in der internationalen Prüfnorm International Standard on Auditing (ISA) 315 (Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen) definiert wird, insbesondere in Bezug auf den Buchungskreis Immobilienvermögen. Die Fallstudie veranschaulicht einen pragmatischen Prüfansatz, der nicht nur etablierte Normen befolgt, sondern auch innovative Methoden einführt, mit denen wichtige Fragen in der öffentlichen Finanzverwaltung angegangen werden können.

Die Herausforderung der Erfassung des Immobilienvermögens

Das zentrale Problem ist, dass die Stadtverwaltung von São Paulo Immobilienvermögen, dessen Wert auf mindestens 10,5 Milliarden R$ geschätzt wird, deutlich zu niedrig ausweist. Die unzureichende Erfassung dieser Vermögenswerte wirft kritische Fragen hinsichtlich der Vollständigkeit der Finanzberichterstattung und der öffentlichen Rechenschaftspflicht auf. Gemäß dem internationalen Rechnungslegungsstandard für den öffentlichen Sektor (IPSAS) 17 muss ein Vermögenswert erfasst werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass der Stelle künftig wirtschaftliche Vorteile zukommen werden, und seine Anschaffungskosten oder sein beizulegender Zeitwert zuverlässig erfasst werden können. Bei der Prüfung der Rechnungsführung für das Jahr 2022 stellte der TCMSP jedoch ein erhebliches Risiko wesentlicher falscher Darstellungen aufgrund der unvollständigen Erfassung städtischer Immobilien fest, was sich auf die Aussage der Vollständigkeit auswirkt.

Die Rolle von Drohnen bei Prüfungen

Herkömmliche Methoden zur Prüfung des Immobilienvermögens reichen oft nicht aus, um das benötigte Maß an Sicherheit hinsichtlich der Vollständigkeit und Richtigkeit der erfassten Vermögenswerte zu gewährleisten. Die Einbeziehung von Drohnen hat mehrere Vorteile:

  1. Bessere Sicht: Drohnen können gestochen scharfe Bilder und Videos von Immobilien aufnehmen und dem Prüfungspersonal somit einen umfassenden Überblick über Vermögenswerte, die mit herkömmlichen Inspektionsmethoden möglicherweise nicht ohne Weiteres zugänglich sind, verschaffen.
  2. Effizienz: Drohnen können große Flächen in einem Bruchteil der Zeit, die für manuelle Inspektionen erforderlich wäre, abdecken, sodass Prüferinnen und Prüfer in kürzerer Zeit mehr Daten erheben können.
  3. Bessere Nachweiserhebung: Die mithilfe von Drohnen erhobenen visuellen Nachweise können die Prüfungserkenntnisse untermauern und liefern klare Dokumentation, welche die Erfassung des Immobilienvermögens unterstützt.
  4. Kosteneffizienz: Die Erstinvestitionen in Drohnen mögen zwar erheblich sein, die langfristigen Einsparungen bei Arbeits- und Zeitaufwand können jedoch beträchtlich ausfallen.

Fallstudie: Einsatz von Drohnen seitens der TCMSP

Im Jahr 2022 führte die TCMSP eine Prüfung der Rechnungsführung durch, in deren Umfang die Aussage der Vollständigkeit in Bezug auf das Immobilienvermögen – aufgrund seines erheblichen wertmäßigen Anteils am Anlagengeschäft – aufgenommen wurde. Ziel der Prüfung war es, sich mit dem Risiko einer erheblichen Unterbewertung von Vermögenswerten zu befassen und die Einhaltung geltender Prüfungsnormen sicherzustellen. Der Einsatz von Drohnen war ein wichtiges Instrument im Rahmen dieser Prüfung.

Screenshots von Drohnenvideos aus der Prüfung des Anlagevermögens (eTCM 015710/2022): Scheinbar verlassenes Gebäude: Rua Prof. Cardozo M. Neto, keine Nummer, Cidade Ademar

Quelle: am 28.02.2023 durchgeführte Inspektion per Drohne. Rechnungshof der Stadt São Paulo.

Prüfungsplanung

Vor Beginn der Arbeit vor Ort arbeitete das TCMSP eine Risikomatrix aus, mit der das Risiko wesentlicher falscher Darstellungen aufgrund der Unterbewertung des Immobilienvermögens ermittelt wurde. Diese Risikobeurteilung verdeutlichte, dass bei den Prüfungsergebnissen ein Konfidenzniveau von 95 % erreicht werden muss. Aufgrund betrieblicher Einschränkungen erforderte dies einen spezifischen stichprobenbasierten Ansatz.

Stichprobenauswahl und Inspektion

Aus einer Grundgesamtheit von 6.343 nicht erfassten Vermögenswerten wählte das Team eine Stichprobe von 20 Immobilien aus (unter Verwendung einer Rückverfolgungstechnik mit Zuhilfenahme des für Steuerzwecke geführten städtischen Immobilienregisters, das vom Finanzministerium verwaltet wird), wobei der Schwerpunkt auf jenen Immobilien lag, die einen beträchtlichen Wert und eine erhebliche Relevanz für den Stadtbetrieb aufweisen. Angesichts der betrieblichen Einschränkungen beschloss die TCMSP, Drohnen einzusetzen, um einige ausgewählte Standorte zu inspizieren.

Die zwischen November 2022 und März 2023 durchgeführten Inspektionen lieferten wichtige Erkenntnisse über die Nutzung und den Zustand dieser Immobilien. So konnte die Existenz von Immobilien, die nicht als Sachanlagen erfasst waren, jedoch als Parks, Schulen und Stadtgebäude identifiziert wurden, mithilfe von visuellen von Drohnen erfassten Nachweisen bestätigt werden.

Die visuellen Bestätigungen dienten dem Prüfteam als Ausgangspunkt für die Durchführung weiterer Prüfungsverfahren, wie Dokumentenprüfungen zur Analyse der rechtlichen Eigentumsverhältnisse der Vermögenswerte, und erhöhten somit die Aussagekraft der Nachweise in Bezug auf die Unterbewertung der Vermögenswerte in der Rechnungsführung der Stadt.

Screenshots von Drohnenvideos aus der Prüfung des Anlagevermögens (eTCM 015710/2022): Sharp Reservoir: Estrada do Campo Limpo, 6,197, Vila Pirajussara, Campo Limpo

Quelle: am 28.02.2023 durchgeführte Inspektion per Drohne. Rechnungshof der Stadt São Paulo.

Ergebnisse der Drohneninspektion

Die Drohneninspektionen führten zu bedeutenden Erkenntnissen:

  1. Bestätigung von Vermögenswerten: Mehrere Immobilien, die zuvor in den städtischen Aufzeichnungen nicht erfasst waren, wurden visuell als aktive städtische Vermögenswerte bestätigt. Dazu gehörten Bildungseinrichtungen und öffentliche Parks mit entscheidender Bedeutung für den Stadtbetrieb.
  2. Nachweis des Zustands: Die Luftaufnahmen lieferten Einblicke in den physischen Zustand der Immobilien und ermöglichten dem Prüfungspersonal, zu beurteilen, ob sie den Kriterien für die Erfassung als Vermögenswerte entsprechen, einschließlich der Berücksichtigung von Wertminderungen gemäß IPSAS 21 (Wertminderung von nicht-zahlungsmittelgenerierenden Vermögenswerten).
  3. Bessere Berichterstattung: Die erhobenen visuellen Nachweise untermauerten die Bewertungen der Prüferinnen und Prüfer in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse sowie die Kontrolle über die Vermögenswerte, wodurch die Integrität des Rechnungsabschlusses gestärkt wurde.

Diskussion: Auswirkungen auf Rechenschaftspflicht und Methodik

Die Einbindung von Drohnen in das Prüfungsverfahren der TCMSP ist nicht nur ein Beispiel für erfolgreichen Technologieeinsatz, sondern schafft auch einen Präzedenzfall für künftige Prüfungen. Diese Methode fördert ebenfalls den Übergang zu innovativeren und wirksameren Verfahren in der öffentlichen Finanzverwaltung.

Mehr Rechenschaftspflicht

Durch den Einsatz von Drohnen setzte die TCMSP proaktive Schritte zur Steigerung der Rechenschaftspflicht in der öffentlichen Ressourcenverwaltung. Die Fähigkeit, die Existenz und den Zustand städtischer Vermögenswerte zu überprüfen, trägt unmittelbar zur Integrität der Finanzberichterstattung bei. Außerdem versetzt sie die Rechnungskontrollbehörde in die Lage, fundierte Empfehlungen zur Vermögensverwaltung und -erfassung abzugeben.

Methodische Fortschritte

Die Fallstudie veranschaulicht, wie Drohnen systematisch in Prüfungsmethoden eingebunden werden können, um die Qualität der Nachweise und die Effizienz des Prüfungsverfahrens zu verbessern. Zukünftige Prüfungen können von Folgendem profitieren:

  • Standardisierte Verfahren: Durch die Ausarbeitung standardisierter Vorschriften für Drohneninspektionen innerhalb des Prüfungsrahmens können konsistente sowie zuverlässige Erkenntnisse sichergestellt werden.
  • Schulungen und Weiterbildungen: Investitionen in Schulungen für das Prüfungspersonal zum wirksamen Einsatz von Drohnen verbessern die Gesamtkompetenz der Prüfteams.
  • Zusammenarbeit mit Technologieanbietern: Durch Partnerschaften mit auf Drohneneinsätze spezialisierten Technologieunternehmen können Prüferinnen und Prüfer die erforderliche Unterstützung und Expertise erhalten.

Fazit

Der Drohneneinsatz in Prüfungen der Rechnungsführung seitens der Rechnungskontrollbehörde der Stadt São Paulo stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Prüfungspraxis dar. Mit ihren Empfehlungen zur Bewältigung der Herausforderungen bei der Erfassung von Immobilienvermögen und der Aussage der Vollständigkeit setzte die TCMSP einen Maßstab für die Rechenschaftspflicht in der öffentlichen Finanzverwaltung. Diese Fallstudie zeigt nicht nur die Vorteile der Einbindung von Technologie auf, sondern dient auch anderen Rechnungskontrollbehörden, die ihre Methoden und Ergebnisse verbessern wollen, als Vorbild.


Quellenangaben

  • Internationale Vereinigung der Wirtschaftsprüfer (IFAC). International Standard on Auditing (ISA) 315.
  • Internationaler Rechnungslegungsstandard für den öffentlichen Sektor (IPSAS) 17.
  • Internationaler Rechnungslegungsstandard für den öffentlichen Sektor (IPSAS) TSP 21.
  • Berichte und Dokumentation der Rechnungskontrollbehörde der Stadt São Paulo (TCMSP)
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