Transformative Veränderungen bei Umweltprüfungen: der Weg der ORKB der Malediven

Der Hauptautor, Hussain Niyazy - Auditor General der ORKB der Malediven und stellvertretender Vorsitzender der INTOSAI WGEA. Quelle: SAI Malediven

Hauptautor: Hussain Niyazy – Leiter der ORKB der Malediven und stellvertretender Leiter der WGEA der INTOSAI

Mitautoren:

  • Mohamed Ibrahim Jaleel – leitender Angestellter im Bereich Umweltprüfung
  • Ibrahim Aiman – stellvertretender ORKB-Leiter, Abteilung Wirtschaftlichkeits- und Sonderprüfungen
  • Rauhath Hussain – Abteilungsleiter Wirtschaftlichkeitsprüfungen

Einleitung

Aus der Vogelperspektive wirken die Malediven wie eine schillernde Perlenkette, deren verstreute Inseln ineinander verwobene Atolle im Indischen Ozean bilden. Das wahre Herz unserer Nation liegt jedoch unter der Oberfläche: unser weitläufiges und lebendiges Riffsystem. Mit einer Fläche von 4.513 Quadratkilometern ist dieses Riffsystem das siebtgrößte der Welt und beherbergt ein vielfältiges Ökosystem mit über 1.200 Meeresarten. Für unseren kleinen Inselstaat bilden diese makellosen Gewässer, die lebhafte Unterwasserwelt und die Sandstrände nicht nur Naturschätze, sondern auch das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Darüber hinaus stellen unsere Riffe wichtige Barrieren dar, die unsere niedrig gelegenen Inseln – 80 % davon liegen weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel – vor den unerbittlichen Kräften des Ozeans schützen.

Eine transformative Mission: ökologische Rechenschaftspflicht erhöhen

Trotz ihrer maßgeblichen Rolle verschlechtert sich der Zustand unserer Riffe rasant. Dies unterstreicht die wichtige Funktion unserer Obersten Rechnungskontrollbehörde (ORKB) für die Gewährleistung ökologischer Rechenschaftspflicht. Unsere Aufgabe geht über die Erhaltung wirtschaftlicher Stabilität hinaus. Sie umfasst auch die Sicherung der Zukunft für künftige Generationen. Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen des Klimawandels – wie steigende Meeresspiegel, Erwärmung der Ozeane, Versauerung und immer heftigere Wetterereignisse – begab sich unsere ORKB auf einen transformativen Weg, um ihre Kompetenzen im Bereich Umweltprüfungen auszubauen. Wir führten Prüfungen zu den Themen Küstenerosion, Wassermanagement, Verringerung des Katastrophenrisikos, Diversifizierung in der Fischerei, Abwasserwirtschaft und SDG-Umsetzungsbereitschaft durch. Unsere laufenden Prüfungen befassen sich zudem mit Biodiversität, Abfallwirtschaft, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und SDG-Umsetzung.

Praktisches Lernen: von der Theorie zur praktischen Erfahrung

Ein Kernstück unserer Strategie war die Erkenntnis, dass für wirksame Umweltprüfungen mehr als nur theoretisches Wissen erforderlich ist. Unser Prüfteam, das von einem Umweltexperten geleitet wurde und ursprünglich hauptsächlich aus Rechnungslegungsfachleuten mit begrenztem Umweltfachwissen bestand, sammelte umfangreiche praktische Erfahrungen. Dazu zählten inselweite Grundwassertests, unbemannte Luftvermessungen und Bewertungen diverser Ökosysteme. Diese praktische Erfahrung vertiefte das Verständnis unseres Teams für ökologische Probleme und deren Auswirkungen. Der Übergang von Schreibtischarbeit zu praktischer Arbeit vor Ort hat die Sichtweise der Teammitglieder erheblich verändert, eine tiefe Wertschätzung für die Umweltressourcen, die sie schützen sollen, gefördert und ihre Fähigkeit, komplexe Herausforderungen in Angriff zu nehmen, verbessert. Diese Veränderungen führten zu fundierteren Interaktionen mit dem Fachpersonal der überprüften Stellen und einer verstärkten Auseinandersetzung mit Umweltprüfungen.

Quelle: SAI Maldives

Einbindung der Öffentlichkeit: Prüfhorizont erweitern

Vor unserem Strategiewechsel wurde die Öffentlichkeit nur begrenzt in das Prüfungsverfahren eingebunden. Unser neuer Ansatz sah vor, Jugendliche vor Ort als Zählerinnen und Zähler einzubeziehen, und zwar durch eine Schulung für Ausbildende. Die Jugendlichen wurden durch die Durchführung von Sozialerhebungen und die öffentliche Wahrnehmung in die ökologischen Wirtschaftlichkeitsprüfungen eingebunden. Diese Einbindung erweiterte die Reichweite und Inklusion im Rahmen unserer Prüfungen, die in einen Bericht gipfelten, der die Sichtweise der Öffentlichkeit umfassend widerspiegelt und einen bedeutenden Fortschritt bezüglich unserer Prüfungspraktiken darstellt.

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Wirksamer Technologieeinsatz: GIS und Datenanalyse

Um den finanziellen Beschränkungen im Hinblick auf umfangreiche physische Erkundung zu entkommen, führten wir Schulungen zu Geoinformationssystemen (GIS) und Datenanalyse durch. Dafür wurde ein bestehendes Abo für eine Online-Lernmanagementplattform herangezogen, über die sich unser Team GIS-Expertise aneignete, die dann bei Prüfungen eingesetzt wurde, um Probleme wie die Nichtbeachtung von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu ermitteln. Dank diesem technischen Können waren wir in der Lage, im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen des Wasser- und Abwasserprojekts der Stadt Fuvahmulah und der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Wasserversorgung in der Trockenzeit auf den Malediven wesentliche Erkenntnisse in Bezug auf Lücken zwischen Ressourcenbedarf und -einsatz, Risikobeurteilung und Einhaltung von Umweltvorschriften zu veröffentlichen. Darüber hinaus binden wir diese Art der Bewertung nun sogar in unsere laufenden Umweltprüfungen ein.

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Zukunftsfähiges Prüfwesen: Prognosesitzungen und Praktikumsprogramme

In Anerkennung der Notwendigkeit, unsere Prüfungspraktiken relevant zu halten, hielten wir Prognosesitzungen ab, bei denen sich unser Team anlässlich eines Austauschs mit Expertinnen und Experten mit neu aufkommenden sowie maßgeblichen Prüfungsthemen befasste. Diese Sitzungen bildeten die Grundlage für unsere Arbeitspläne, darunter Themen wie der Rückgang der Fischerei im Norden und die Planung der Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Wir führten ebenfalls ein Umweltpraktikumsprogramm ein, um uns mit Studierenden in Umweltbereichen zu vernetzen. In ihren Rückmeldungen betonten die Praktikantinnen und Praktikanten die Notwendigkeit einer spezialisierten Ausbildung für Umweltprüfungen und schlugen vor, ein Modul zum Prüfwesen in die Lehrpläne für Umweltmanagement aufzunehmen.

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Wirksame Kommunikation: Bewusstsein schärfen und Wissen teilen

Ein entscheidender Aspekt unserer Strategie war die wirksame Kommunikation unserer Prüfungserkenntnisse an Stakeholder, insbesondere an die jüngere Generation. Wir hielten mehrere Sensibilisierungsveranstaltungen auf verschiedenen Inseln ab und passten uns durch den Einsatz von Online-Plattformen an Herausforderungen wie widrige Wetterverhältnisse an. Wir begannen ebenfalls, übersetzte Prüfungszusammenfassungen an die INTOSAI-Arbeitsgruppe Umweltprüfung (WGEA) zu übermitteln und damit einen Beitrag zur internationalen Wissensdatenbank zu leisten.

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Globale Anerkennung: Förderung der internationalen Zusammenarbeit

Unser Engagement für die Bewältigung globaler Herausforderungen zeigte sich durch unseren Beitritt zur WGEA der INTOSAI im Jahr 2022 sowie durch unsere Gastgeberrolle anlässlich der 30. WGEA-Versammlung auf der Insel Ukulhas auf den Malediven. Bei dieser Veranstaltung wurde die dringende Notwendigkeit globaler Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel unterstrichen. Wir beteiligen uns weiterhin aktiv an Arbeitspaketen der WGEA: zum Beispiel zu ClimateScanner, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und Ökobilanzierung.

Dank der unschätzbar wertvollen Unterstützung des Leiters der ORKB Finnland sowie anderer Oberster Rechnungskontrollbehörden (ORKB) im Steuerungskomitee der WGEA konnte unsere Strategie zum Erfolg werden. Ihre Bemühungen zur Umgestaltung der Leitungsstruktur der Arbeitsgruppe ermöglichten es sogar ORKB mit weniger Ressourcen, zum Beispiel kleinen Inselentwicklungsländern (Small Island Developing States; SIDS) wie uns, einen bedeutenden Beitrag zur Führung der Arbeitsgruppe zu leisten. Wir sind zutiefst dankbar für diese Unterstützung, die dazu beitrug, dass wir vom Steuerungskomitee zur stellvertretenden Vorsitzenden der WGEA der INTOSAI ernannt wurden. Diese Rolle spiegelt nicht nur unsere ausgebauten Kompetenzen, sondern auch die partnerschaftliche Einstellung, die in der internationalen Prüfungsgemeinschaft gepflegt wird, wider. Als stellvertretende Vorsitzende der WGEA der INTOSAI machten wir es uns zur Aufgabe, die Perspektiven kleiner Inselentwicklungsländer in globalen Diskussionen zu Umweltprüfungspraktiken zu vertreten und unsere Erfahrungen mit anderen ORKB auszutauschen.

Quelle: SAI Maldives

Unser laufendes Engagement für Umweltprüfungen zeigt sich zudem in Beiträgen zu Zeitschriften. Zu den neuesten Beiträgen zählen „Auditing Plastic Waste: Case of The Maldives“ (dt. etwa „Kunststoffabfälle prüfen: Fallbeispiel Malediven“) in der Asiatischen Zeitschrift für Staatliche Finanzkontrolle und „Kleine Inselentwicklungsländer und Klimaherausforderungen: Perspektiven der INTOSAI WGEA, PASAI und Malediven“ in der INTOSAI-Zeitschrift.

Fazit: Engagement für Spitzenleistungen und globale Wirkung

Die von der ORKB der Malediven durchgeführten strategischen Veränderungen führten zum wesentlichen Ausbau unserer Kompetenzen im Bereich Umweltprüfungen. Durch Investitionen in die Personalentwicklung, die Einbindung der Öffentlichkeit und technisches Fachwissen etablierten wir uns als Spitzenreiterin im Bereich Umweltprüfungen. Unsere Errungenschaften unterstreichen den Erfolg unserer Strategie sowie unsere transformative Wirkung, sowohl intern als auch innerhalb der globalen Prüfungsgemeinschaft. Wir möchten den wichtigsten Stakeholdern, die diesen Wandel ermöglichten, unseren Dank aussprechen, und zwar der INTOSAI-Vorsitzenden, der ORKB Brasilien mit ihrer bilateralen Unterstützung und der Schwerpunktsetzung auf die Entwicklung von ORKB in SIDS, der Vorsitzenden der WGEA der INTOSAI, der ORKB Finnland, und den Mitgliedern des Steuerungskomitees der Arbeitsgruppe, der INTOSAI Entwicklungsinitiative mit ihrem Programm für junge Führungskräfte in ORKB („SAI Young Leaders“), das wesentliche Komponenten der Veränderungsstrategie ermöglichte, sowie der ORKB Indien mit ihren zahlreichen Möglichkeiten zum Sachkompetenzausbau und ihrer bilateralen Unterstützung.

Quelle: SAI Maldives

Die Ernennung zur stellvertretenden Vorsitzenden der WGEA der INTOSAI ist ein Beweis für unsere gestärkte Rolle sowie unseren unermüdlichen Einsatz für die Förderung von Umweltprüfungen und ökologischer Rechenschaftspflicht. Sie spiegelt unser Bestreben wider, in diesem entscheidenden Bereich eine Vorreiterrolle zu übernehmen, und gewährleistet, dass unsere Arbeit weiterhin positive Veränderungen vorantreibt sowie auf globaler Ebene zum Handeln anregt.

Quelle: SAI Maldives
Die Mitverfasser (von links nach rechts): Ibrahim Aiman – stellvertretender Auditor General, Abteilung für Wirtschaftlichkeits- und Sonderprüfung; Rauhath Hussain – Direktor, Abteilung für Wirtschaftlichkeitsprüfung; Mohamed Ibrahim Jaleel – Leiter der Abteilung für Umweltprüfung. Quelle: SAI Malediven
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