Prüfung der nachhaltigen Entwicklung: Meilensteine der INTOSAI-Gemeinschaft

Der Ausbruch des neuen Coronavirus hat uns wieder einmal vor Augen geführt, dass wir in einer Welt ohne Grenzen leben, wenn es um globale Katastrophen geht. Die gute Nachricht: Es geht nicht nur um gemeinsame Probleme, sondern auch um gemeinsame Lösungen.

von Aleksei Kudrin, Vorsitzender der Rechnungskammer der Russischen Föderation und Vorsitzender der Internationalen Organisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden

Die Frühjahrsausgabe 2020 der Zeitschrift der Internationalen Organisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden (INTOSAI) ist einem vielversprechenden, aber auch sehr herausfordernden Thema gewidmet: der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Die Welt hat zwar eine Reihe von Entwicklungsplänen gesehen, aber keiner war wirklich umfassend, proaktiv und integrativ.

Der Ausbruch des neuen Coronavirus hat uns wieder einmal vor Augen geführt, dass wir in einer Welt ohne Grenzen leben, wenn es um globale Katastrophen geht. Die gute Nachricht: Es geht nicht nur um gemeinsame Probleme, sondern auch um gemeinsame Lösungen.

In der Agenda 2030 wurden ehrgeizige Ziele, insbesondere für den Gesundheitssektor, festgelegt, zu denen auch die Beseitigung übertragbarer Krankheiten gehört. In gewissem Maße haben die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) bereits eine Rolle bei der Bewältigung der Herausforderung gespielt, vor der wir heute stehen. Es wurden spezifische Indikatoren und Benchmarks gebildet oder überarbeitet, die uns die Möglichkeit geben, zu klar definierten Standards und einer internationalen, auf Indikatoren basierenden “Sprache” überzugehen, um die globale Situation zu kommunizieren und besser zu verstehen. Tatsächlich erhielt die Welt Instrumente, um die Bedingungen in jedem Land zu überwachen und die Frage zu beantworten: Tun wir alles, um Probleme zu lösen und Nachhaltigkeit zu erreichen?

Welchen Beitrag können die Obersten Rechnungskontrollbehörden (ORKB) in diesem Zusammenhang leisten? Wir haben viel über das SDG 17 gesprochen, das die Akteure aus allen Ländern der Vereinten Nationen auffordert, Partnerschaften neu zu beleben und die Mittel zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung zu verbessern. Die ORKBn spielen bei diesen Bemühungen eine Rolle, indem sie einen strategischen Blick auf die Governance-Mechanismen werfen, die angewandt werden können, um die Bemühungen der öffentlichen Institutionen, der Organisationen des privaten Sektors und der Gesellschaft kohärent zu machen.

Die gemeinsame Nutzung von Wissen, um die effektivsten und effizientesten Lösungen zu finden, ist für eine nachhaltige Entwicklung von großer Bedeutung – heute und für kommende Generationen.

Es wurden bereits wichtige Ergebnisse erzielt. Neben der Prüfung von SDG-relevanten Bereichen haben die ORKBn begonnen, spezifische SDG-Prüfungen durchzuführen. Obwohl sie sich in verschiedenen Prüfungsstadien befinden (von der Bewertung der Vorbereitung bis zur Evaluierung der Umsetzung), generieren diese Aktivitäten wertvolles Wissen (eine Ressource, die die INTOSAI-Gemeinschaft schon immer gerne geteilt hat).

Das vielleicht bemerkenswerteste Beispiel ist das gemeinsame Programm der INTOSAI-Entwicklungsinitiative (IDI) und des Komitees für den Wissensaustausch zur Vorbereitung auf die Rechnungsprüfung. Das Programm, das von mehr als 70 ORKB durchgeführt wurde, befasste sich mit übergreifenden Governance-Fragen und SDG-Umsetzungsstrategien in verschiedenen Ländern. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Länder noch keine SDG-Strategien, Haushaltsbestimmungen oder Koordinierungsmechanismen mit klar definierten Verantwortlichkeiten eingeführt haben. Die umfangreichen Erfahrungen der ORKBn wurden mit den Institutionen geteilt, die für die Erstellung der Freiwilligen Nationalen Überprüfungen zuständig sind, um die Regierungen auf die erkannten Probleme aufmerksam zu machen und gemeinsame ressortübergreifende Mechanismen zur Lösungsfindung zu schaffen. Die Programmergebnisse bildeten auch die Grundlage für das IDI SDG-Prüfungsmodell (ISAM), ein Rahmenwerk, das ORKBn eine solide methodische Grundlage für die Durchführung von SDG-Prüfungen vermitteln soll.

Auf dem XXIII. INTOSAI-Kongress in Moskau wurde das Engagement der Rechnungsprüfungsgemeinschaft bekräftigt, konkrete Beiträge zur Umsetzung der SDG zu leisten. Die Moskauer Deklaration forderte die ORKB auf, eine wirksamere, transparentere und informativere Rechenschaftspflicht für die Ergebnisse des öffentlichen Sektors zu fördern und so die Rolle der ORKB bei der Erreichung der SDGs zu stärken, was auch eine relevante prüfungsbasierte Beratung zu strategischen Fragen des Parlaments, der Regierung und der öffentlichen Verwaltung einschließt. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf die Inklusivität gelegt: Niemand sollte zurückgelassen werden, und die ORKB müssen effizientere Wege finden, um diesen wichtigen Aspekt der Agenda 2030 anzugehen.

Mehr denn je ist die Nutzung der Digitalisierung und der Datenanalyse von entscheidender Bedeutung, denn die Erkundung von Möglichkeiten zur Veröffentlichung von Daten in einem offenen Format kann die Transparenz der Verwaltung verbessern und den Bürgern ein besseres Verständnis dafür vermitteln, was funktioniert und was nicht. Darüber hinaus können elektronische Daten und Analysetechniken eingesetzt werden, um die Prüfer der Zukunft zu befähigen, modernste Instrumente effizient zu nutzen und ihr Wissen durch gegenseitige Kommunikation zu teilen.

Als INTOSAI-Vorsitz ist die Rechnungskammer der Russischen Föderation (Rechnungskammer) bereit, bei der Gestaltung der Zukunft der internationalen Rechnungsprüfungsgemeinschaft eine führende Rolle zu übernehmen.

Wir setzen die Arbeit am Projekt der INTOSAI-Universität fort, einer Online-Lernplattform für Rechnungsprüfer und ein breiteres, weltweites Publikum. Ich bin überzeugt, dass die INTOSAI-Universität ein äußerst nützliches Instrument für den Wissensaustausch über wichtige Themen wie die Prüfung der SDGs sein wird, insbesondere unter Bedingungen, unter denen die Ausrichtung internationaler Tagungen nicht möglich ist.

Zu den weiteren, jüngeren gemeinsamen Initiativen gehört die erste INTOSAI-Koordinierungssitzung zu den SDGs, die in Wien stattfand. Die Veranstaltung im Februar 2020 führte zu einem Entwurf für einen SDG-Aktionsplan, der vom INTOSAI-Vorsitz, dem Generalsekretariat, dem Zielkomitee und Vertretern der IDI ausgearbeitet wurde.

Wir stellen uns vor, dass alle ORKB aktiv zu diesem Plan beitragen, der spezifische SDG-Maßnahmen enthält, wie die Fertigstellung des ISAM, die Einrichtung einer SDG-Informationsdrehscheibe und die Gestaltung eines einheitlichen Online-“SDG-Atlas”, der die SDG-Berichte und Empfehlungen der ORKB enthält.

Der SDG-Aktionsplan fordert außerdem, dass die Arbeitsgruppe zu den SDGs und den Schlüsselindikatoren für nachhaltige Entwicklung (WGSDG KSDI) die Koordinierung der SDG-bezogenen Aktivitäten stärkt und den Erfahrungsaustausch bei der Entwicklung und Nutzung praxisorientierter Bewertungsinstrumente intensiviert.

Die WGSDG KSDI unter dem Vorsitz der Rechnungskammer ist aus der Arbeitsgruppe für nationale Schlüsselindikatoren hervorgegangen, einer Gruppe, die über mehr als 10 Jahre Erfahrung bei der Erstellung von Leitlinien zur Messung der Fortschritte bei der Erreichung nationaler Ziele verfügt.

Die Arbeit der WGSDG KSDI wird die ORKB als strategische Partner der Regierungen bei der Förderung der SDG-Umsetzung unterstützen, und ihre Erkenntnisse und Erfahrungen werden eine einzigartige Gelegenheit bieten, ein Kompetenzzentrum für SDG-Prüfungen zu werden. Die Gruppe umfasst nun 32 Mitglieder und Beobachter, und wir laden die INTOSAI-Mitglieder ein, sich anzuschließen und zu Initiativen beizutragen, die mit Sicherheit alle Ecken der Welt auf nationaler, regionaler und globaler Ebene betreffen werden.

Die INTOSAI hat sich für die kommenden Jahre hohe Ziele gesetzt, und angesichts der heutigen Herausforderungen sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, wir könnten alles allein regeln. Die gemeinsame Nutzung von Wissen, um die effektivsten und effizientesten Lösungen zu finden, ist für eine nachhaltige Entwicklung von großer Bedeutung – heute und für kommende Generationen.

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